Untersuchung der Neigungs- und Exzentrizitätsfunktionen und Darstellung des Gravitationspotentials der Erde in Kepler-Elementen.

  • Typ:Diplomarbeit
  • Datum:1999
  • Betreuung:

    Aufgabensteller:
    Prof. Dr.-Ing. B. Heck
    Betreuer:
    Dr.-Ing. K. Seitz

  • Bearbeitung:Kocak, M.
  • Zusatzfeld:

    IBNr: 830

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  • Eine zentrale Aufgabe der analytischen Beschreibung und numerischen Berechnung von Satellitenbahnen ist die Darstellung der auftretenden Störkräfte. Den größten Störeinfluß, welcher einen Erdsatelliten von einer ungestörten Keplerbahn abbringt, stellt die Anisotropie des Gravitationsfeldes der Erde dar. Wenn die gestörte Bahn durch oskulierende Keplerelemente beschrieben wird, was der Darstellung der Bewegungsgleichungen durch ein System von sechs gekoppelten Differentialgleichungen erster Ordnung entspricht, so treten in den entsprechenden Lagrangeschen Störungsgleichungen die partiellen Ableitungen des Gravitationspotentials V nach den Keplerelementen auf. Dies erfordert die Substitution der geozentrisch sphärischen Koordinaten, die sich auf ein erdgebundenes System beziehen, durch die Keplerelemente. Zusätzlich tritt die Sternzeit hinzu, durch die der Zusammenhang zwischen dem erd- und raumfesten (Quasi-Inertial-)System beschrieben wird.

    Hierbei zeigt sich, daß die Abhängigkeit von der Bahnneigung i in den Neigungsfunktionen Flmp(i) und die Abhängigkeit von der Exzentrizität e der Bahn in den Exzentrizitätsfunktionen Glpq(e) zusammengefaßt werden kann (Kaula, 1966).

    In einem ersten Teil der Arbeit wurden die Neigungs- und Exzentrizitätsfunktionen untersucht. In diesem Zusammenhang wurden direkte Formeln und rekursive Algorithmen zur Berechnung dieser Funktionen in MATLAB realisiert. Hinsichtlich Rechenzeit und numerischer Stabilität bei der Berechnung der Neigungsfunktionen und deren ersten Ableitung zeigten sich die rekursiven Verfahren (Sneeuw, 1991; Emeljanov and Kanter, 1989) der direkten Berechnung hoch überlegen. Dies wird insbesondere bei hohen Graden l deutlich. Auch bei der Berechnung der Exzentrizitätsfunktionen (Giacaglia, 1976a, 1976b) erwies sich die rekursive Berechnungsweise der direkten Auswertung überlegen. Die größte Effizienz zeigte ein rekursiver Ansatz von Goad (1989), welcher zusätzlich FFT-Techniken ausnutzt.

    Zur Berechnung von grad V mußten nun die partiellen Ableitungen des Gravitationspotentials, welches durch ein hochauflösendes Kugelfunktionsmodell (Nmax=360) dargestellt wurde, nach den Keplerelementen gebildet werden und diese in die raumfeste (quasi-inertiale) Basis transformiert werden. Der so bereitgestellte Gradient in kartesischen Koordinaten wurde sodann als MATLAB-function in ein bereits bestehendes und am GIK im Aufbau befindliches Programmsystem zur numerischen Integration von Satellitenbahnen (König, 1999) eingebunden. Ein Vergleich mit der optionalen Möglichkeit der Berechnung des Gradienten über die direkte harmonische Synthese machte drastisch deutlich, daß letztere in wesentlich kürzeren Rechenzeiten pro Integrationsschritt zum Ergebnis führt. Hierbei wurde auch untersucht, wie sich ein Konstanthalten der Neigungs- und Exzentrizitätsfunktionen ab einer Ausgangsepoche t0 im Sinne der Theorie erster Ordnung auf das Integrationsergebnis auswirkt. Diese Näherungen hatten jedoch selbst für einen hochfliegenden GPS-Satelliten schon nach wenigen Minuten einen inakzeptablen absoluten Positionsfehler zur Folge. Auch die zusätzliche Modellierung der säkularen Störungen im Argument des Perigäums, im Argument des aufsteigenden Bahnknotens und der mittleren Anomalie M aufgrund des dynamischen Formfaktors J2 konnte den Integrationsfehler nicht wesentlich verkleinern. Diese Vorgehensweise entspricht der Einführung einer säkular gestörten Keplerbahn als intermediäre Bahn.

    Da auch die Singularität der Jacobi-Matrix bei der Transformation von Keplerelementen auf kartesische Koordinaten für Kreis- und äquatornahe Bahnen als Nachteil aufgeführt werden muss, zeigte sich in dieser Arbeit die Auswertung des Gradienten in sphärischen Polarkoordinaten und anschließende einfache Umrechnung in den Gradienten bezüglich des raumfesten Systems der Darstellung in Keplerelementen überlegen.

     

    Literatur

    1. Emeljanov, N.V. and Kanter, A. A. (1989): A method to compute inclination functions and their derivatives. Manuscripta geodaetica 14, 77-83.
    2. Giacaglia, G. E. O. (1976a): A note on the inclination functions of satellite theory. Celestial Mechanics 13, 503-509.
    3. Giacaglia, G. E. O. (1976b): A note on Hansen's coefficients in satellite theory. Celestial Mechanics 14, 515-523.
    4. Goad, C. C. (1989): An efficient algorithm for the evaluation of inclination and eccentricity functions. Manuscripta geodaetica, 91-101.
    5. Kaula, W. M. (1966): Theory of satellite geodesy. Blaisdell, Waltham, Massachusetts.
    6. König, D. (1999): Numerische Integration von Satellitenbahnen unter Berücksichtigung der Anisotropie des Gravitationsfeldes der Erde. Diplomarbeit am Geodätischen Institut der Universität Karlsruhe (TH), unveröffentlicht.
    7. Sneeuw, N. J. (1991): Inclination functions. Delft University of Techn., Reports of the Faculty of Geodetic Eng., 91.2.